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Bahnstreik – Recht ohne Regeln? Die gegenwärtige Form des Bahnstreiks wirft Fragen auf

Bahnstreik – Recht ohne Regeln? Das Recht auf Streik zum Zweck des Arbeitskampfes ist gesetzlich verbrieft. Die Form des gegenwärtigen Bahnstreiks der GDL wirft aber die Frage auf, ob das Streikrecht nicht doch einer gesetzlichen Regelung bedarf.

Arbeitskampf der GDL

Das Recht auf Streik ist eine gute demokratische Errungenschaft, aber…

Die Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland hat gezeigt, dass Verhandlungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, also den Tarifpartnern, meist zu sinnvollen Entwicklungen geführt haben. Dazu gehört in der Praxis dieser Verhandlungen auch der Streik. Entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung haben Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände in Verhandlungen die Anpassung von Gehältern und Arbeitszeit immer wieder neu festgelegt. Das ist ein wesentlicher wirtschaftlicher Faktor und ein wichtiger Stabilisator unserer Demokratie. Gut ist dabei auch, dass sich die Politik aus diesen Verhandlungen heraushält. Im freien Spiel der Kräfte haben die Beteiligten sinnvolle Kompromisse erzielt.

Der seit vielen Wochen drastisch geführte Arbeitskampf der GDL als Vertreter der deutschen Lokomotivführer gestaltet sich aber zunehmend fragwürdig. Es handelt sich nämlich nicht nur um einen Arbeitskampf gegen den Arbeitgeber Deutsche Bahn, sondern auch um einen Konkurrenzkampf zwischen zwei Gewerkschaften, der EVG als Vertretung aller Bahnbediensteten und der GDL, die speziell nur für die Gruppe der Lokführer eintritt. Dabei versucht die GDL, vertreten durch Claus Weselsky, beständig die Tarifergebnisse der EVG zu toppen. Eine kleine Gruppe von Arbeitnehmern übt dabei einen unverhältnismäßigen Druck aus.

Sind das noch Verhandlungen?

Mittlerweile liegen sechs Streikrunden hinter uns. Die Bevölkerung ist nach anfänglichem Verständnis für die Lokführer aber genervt. Sie sind die Leidtragenden in diesem Arbeitskampf, der sich diesmal ganz anders darstellt als gewohnt. Die Forderung ist: 10% mehr Gehalt, mindestens aber 500€ monatlich. Dazu bitte eine 35 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich. Da kommt so mancher ins grübeln oder ins rechnen. Die meisten der von diesem Arbeitskampf betroffenen Bahnkunden begreifen allmählich, dass die Einkommenssituation der Lokführer so schlecht ja gar nicht ist. Hinzu kommt, dass das Verhalten der GDL in den Verhandlungen merkwürdig anmutet. Mittlerweile liegt das Tarifangebot des Arbeitgebers ganz nahe an den Forderungen von Herrn Weselsky. Der will aber offensichtlich gar nicht „verhandeln“, sondern geht von dem Grundsatz aus: werden unsere Forderungen nicht vollständig erfüllt, wird weitergestreikt – und zwar drastischer als zuvor.

Da stellt sich vielen Bahnkunden mittlerweile die Frage, ob es sich in den Gesprächen zwischen Bahn und GDL wirklich um „Verhandlungen“ handelt. Die enden nämlich der Idee nach in einem Kompromiss. Die Haltung „Alles oder Nichts“ plus Streik entspricht keiner Verhandlung, sondern einer Erpressung. Es scheint, dass hier mittlerweile ein Fall von Missbrauch des Streikrechts vorliegt. Möglich ist das dadurch, dass der Gesetzgeber dem Recht auf Streik keine inhaltliche Definition zugefügt hat. Offensichtlich ein Fehler.

Das Recht auf Streik steht hier nicht zur Debatte. So sinnvoll es sich gezeigt hat, muss es unangetastet weiter bestehen. Führt man sich sich aber die Fakten vor Augen – und dazu gehört ein mittlerweile mehrere Milliarden schwerer Schaden für unsere ohnehin angeschlagene Volkswirtschaft – so stellt sich die Frage, ob das Streikrecht nicht auf die Basis einer gesetzlichen Regelung gestellt werden muss, die den Missbrauch des Arbeitskampfes für Partikularinteressen ausschließt.

Zur Wahrheit gehört übrigens auch folgender Gedanke. Der Arbeitgeber Deutsche Bahn ist eine rein staatliche Institution. Die sollte zwar nach Möglichkeit Gewinne abwerfen, sie muss es aber nicht. Also führt eine gewerkschaftliche Forderung und die finanzielle Schädigung des Arbeitgebers Bahn nicht zur Insolvenz und zum Verlust der Arbeitsplätze der Angestellten. In der freien Wirtschaft, wo das zu Verteilende zunächst erwirtschaftet werden muss, könnte Herr Weselsky seine Forderungen nie aufstellen. Das dämmert so langsam auch den zu Recht genervten Bahnkunden, die morgentlich meist keinen Insolvenz-gesicherten Arbeitgeber erreichen müssen. Vielleicht verliert der eine oder andere aber seinen Arbeitsplatz wegen der immer wieder unterbrochenen Lieferketten und anderer wirtschaftlicher Folgen eines durchaus fragwürdigen Streikverhaltens. Sollten Sie betroffen sein, melden Sie sich doch einfach bei Herrn Weselsky. Vielleicht werden Sie dann Lokführer?