Ein bedeutendes Urteil der Karlsruher Verfassungshüter und eine Ohrfeige für die Politik der Regierung
Das Verfassungsgericht hält die gesetzliche Definition der Maßnahmen und Wege, wie über das Jahr 2030 hinaus die deutsche Politik das Klimaziel der Co2-Neutralität erreichen will, für nicht ausreichend und die Sicherung des Zukunftsanspruch späterer Generationen für nicht gewahrt.
Sinn und Kontext
Um gleich etwas klar zu stellen: was immer Deutschland unternimmt, um im Jahr 2050 Co2-neutral zu wirtschaften, wird dieser Beitrag zur Rettung der globalen Klimastabilität nur ein ganz kleiner sein. Ohne Amerika, China, Indien und Russland wird das nicht geschehen. Aber es ist auch klar, dass unsere Forderungen an die großen Co2-Verursacher zur Grundlage haben, dass wir alles nur erdenkliche unternehmen, um durch unser Verhalten die moralische Qualität dazu zu besitzen! Also ist die Kritik des Verfassungsgerichts an der Gegenwart lediglich – aber immerhin – die Feststellung des Mangels einer langfristig zukunftsweisenden Verpflichtung in gesetzlicher Form. Das als nicht verfassungskonform festzustellen, nützt uns allen und ist gleichzeitig harte Kritik an der gegenwärtigen Politik.
Transformation
Man muss eingestehen, dass es wahrlich keine leichte Aufgabe darstellt, konkrete Fahrpläne zur Co2-Reduktion in einer solchen Langfristigkeit inclusive der dafür notwendigen Maßnahmen in Form eines Gesetzes zu formulieren. Reine Absichtserklärungen allein sind aber das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Da muss die Politik schon mehr liefern! Und zu glauben, man müsse nun einfach die Grünen wählen und alles wird gut, ist auch naiv, da müssen erstmal die Grünen mehr liefern als ein Wahlprogramm, dass wie eine Wunschliste für paradiesische Zustände daher kommt. Also konkret bitte: wie, wann, durch welche Maßnahmen, mit welchen wirtschaftspolitischen Steuerungsinstrumenten, mit welchen gesamtgesellschaftlichen Auflagen? Wenn die Grünen es ernst meinen, nur zu. Eine gute Politik wird sich in Zukunft daran messen lassen. Übrigens gilt das natürlich auch für alle anderen Parteien, na ja, vielleicht nicht für die AfD, deren gestrige Reaktion auf das Urteil aus Karlsruhe die völlige Verkennung der gesamten Problematik offenbart hat. Schweigen wir dazu. Zwei Probleme stellen sich: mit welcher Technik schaffen wir den Umbruch unserer Wirtschaft – nun kommt das zweite Problem – bei gleichzeitiger Erhaltung einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft inclusive der dazu notwendigen Arbeitsplätze. Ein weites Feld für Ökonomie, Ökologie, Forschung und Sozialstaat.
Blick auf die Wirtschaft
Wer nun der Annahme ist, die Wirtschaft sei über das Karlsruher bestürzt, weil die Wirtschaft ja nur an Produktion und Profit denkt, egal mit welchen Folgekosten, der irrt oder hat in der Vergangenheit zuviel Trump-Fernsehen geschaut. Es ist gerade die Wirtschaft, die in Fragen des Klimas der Politik vorauseilt. Wer heute verantwortungsvoll unternehmerisch handelt, der braucht in der Zukunft eine intakte Umwelt, ausreichende Recourcen, funktionierende Märkte und Produktionsweisen, die dem Konsumenten das Angebot einer moralisch legitimen Form der Nutzung eines Produkts ermöglicht, sozial, national und international. Das ist in der Wirtschaft schon längst angekommen. Ohne politische Begleitung, also entsprechende Rahmenbedingungen, wird das nicht möglich sein. Wirtschaft und Politik müssen zu neuen Partners werden. Dabei hat die Politik noch einiges nachzuholen!