Die deutsche Autoindustrie braucht einen Neustart
Die deutsche Autoindustrie braucht einen Neustart, sonst droht ein bitteres Ende! Selbst die Zulieferindustrie verlangt Reformen, um das Sterben auf Raten und im Domino-Effekt zu verhindern. Was ist seit den Corona-Jahren, in denen man noch satte Gewinne erzielen konnte, passiert? Die Gewinne vor Steuern haben sich um die Hälfte reduziert. Vom Zusammenbruch kann noch keine Rede sein, aber aus Krankheit kann sich Sterben entwickeln, wenn die Medizin fehlt. Doch zuvor braucht eine eine genaue Diagnose.
Die Bequemlichkeit
Es waren goldene Jahre mit internationaler Marktführerschaft. Made in Germany, deutsche Ingenieurs-Kunst, egal welche Marke man bevorzugte, man kaufte ein Spitzenprodukt zu Spitzenpreisen. Im Grunde war der heimische Markt für die Umsatzerlöse fast ohne Bedeutung, denn das Ausland konnte von deutschen Autos nicht genug bekommen. Mittlerweile ist das ganz anders. Das Ausland winkt ab. Die Nachfrage aus China ist fast völlig eingebrochen, selbst die Amerikaner verlieren allmählich an deutschen Autos das Interesse. Zusätzlich verteuern Trumps Strafzölle die Preise für deutsche Karossen. Und dennoch muss man feststellen, dass die meisten Fehler im eigenen Haus passiert sind. Die deutsche Autoindustrie hat einfach geschlafen.
Die Entwicklung
Der Umstieg auf die Elektromobilität wurde glatt verschlafen. Ausgehend vom geringen deutschen Interesse an dieser Entwicklung übersah man, dass im Ausland die Interessenlage ganz anders war. Mehr zögerlich und gezwungen statt begeistert wurde Geld in die viel zu spät begonnene Entwicklung alternativer Technologien gesteckt. Dem entsprechend waren die Ergebnisse eher dürftig und konnten mit der Entwicklung im Ausland nicht Schritt halten. Also wurden die deutschen SUVs noch größer und luxuriöser, was eine Zeit lang den Umsatzrückgang kompensieren konnte. Der spätere Rückschlag war um so härter. Ausländische Firmen hatten die Entwicklung vollzogen, über die deutsche Autobauer erst gar nicht nachgedacht hatten. Technisch und qualitativ traf man sich jetzt auf Augenhöhe. Harte Preiskalkulation und optimierte Produktionsverfahren machten günstige Fahrzeuge möglich. Die technische Grund-Ausstattung umfasste bereits all das, was man bei deutschen Produkten erst teuer hinzukaufen musste. Plötzlich gab es auch kostengünstige elektrifizierte Kleinfahrzeuge auf dem Markt. Hinzu kam, dass gerade bei jüngeren Kunden die Ästhetik und das Entertainment-Programm für unzureichend gehalten wurde. Deutsche Autos waren einfach langweilig.
Die Kostenkalkulation
Deutsche Fahrzeuge sind im Vergleich viel zu teuer. Aber zur Begründung reicht es nicht, Energiekosten und Sozialabgaben ins Feld zu führen. Der technische Standard der Produktion selbst ist nicht auf der Höhe der Zeit und ist nicht kostenoptimiert. Hinzu kommt in der Autoindustrie ein Lohnniveau, an das man sich in der Zeit der fetten Gewinne gewöhnt hat. Heute hängt es den Unternehmen wie ein Mühlstein am Hals. Der durchschnittliche Einstiegslohn im Bereich Produktion der Automobilbranche liegt bei ca. 60.000 Euro. Vergleicht man die Finanzierungskosten und die Höhe der zusätzlichen Leistungen wie Überführungskosten, dann erkennt man, warum ausländische Marken in der Preisgestaltung wesentlich interessanter sind. Wer heute ein deutsches Auto kauft, muss es sich wirklich leisten können.
Die Zulieferer
Während man im eigenen Haus die Kostenkalkulation oftmals vernachlässigt hat, haben die deutschen Autobauer ihre Zulieferer oft stark, oder sogar zu stark unter Druck gesetzt. Ihre Existenz ist stark gefährdet. Viele Unternehmen sind sogar schon in die Insolvenz gegangen. Kein Wunder, dass gerade sie mittlerweile von den Autobauern interne Reformen verlangen, um eine Perspektive für die Zukunft zu behalten.
Noch macht die deutsche Autoindustrie Gewinne. Noch scheint das Zeitfenster für Veränderungen offen. Man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen diese Zeit nutzen. Es wird aber eine Zeit mit Schmerzen sein, vor allem beim Abschied gewohnter Bequemlichkeiten.