Das Thema bleibt: die Rente
Das Thema bleibt: die Rente. Unsere neue rot-schwarze Regierung hat sich vieles vorgenommen, nachzulesen im Koalitionsvertrag. Eines der vermutlich wichtigsten, aber auch äußerst problematischen Themen, die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung, blieb dabei ausgespart. Eine eigens zu bildende Renten-Kommission soll sich zukünftig damit beschäftigen. Klingt nach „Arbeitskreis“ und bedeutet vermutlich langfristiges Gezerre, Diskussionen ohne Ende auf der Grundlage der jeweiligen politischen Überzeugungen, klingt also eher nicht nach Lösung.
Jeder kennt das Problem
Seit Jahrzehnten wird die demografische Entwicklung beschrieben. Und von Jahr zu Jahr wird sie akuter. Antworten darauf gab es bisher keine. Immer weniger junge Menschen müssen immer mehr ältere Menschen alimentieren, denn unser Rentenprinzip folgt dem Generationenvertrag: mit den Sozialversicherungsbeiträgen der Arbeitnehmer wird in direkter Umlage die Rentenzahlung an die Empfänger gezahlt. Ein Kapital entsteht also nicht, also auch Zins und Zinseszins. Dieses System funktioniert nur unter bestimmten proportionalen Bedingungen aller Beteiligten. Die aber sind lange vorbei.
Bei Einführung der Sozialversicherung im Jahr 1881 erreichten nur gut 25% der arbeitenden Bevölkerung überhaupt das Renteneintrittsalter, um Ansprüche zu stellen. Heute sind es 90%. Hinzu kommt dann auch noch die Länge des Rentenbezugs. Waren es damals maximal ein paar Jahre, sind es heute oftmals mehrere Jahrzehnte. Das kann ja nicht wirklich funktionieren. Da die Schieflage im Umlageverfahren ja schon seit langer Zeit besteht und jährlich schlimmer wird, zahlt der Staat aus Steuermitteln mittlerweile jährlich über 110.000 Milliarden € in die Rentenkasse ein, um die Rentenzahlungen überhaupt noch zu ermöglichen. Und das Problem bleibt: ein Kapitalstock zum Aufbau einer Rente aus Geldanlage entsteht nie. Das „Umlageverfahren“ ist also schon keines mehr, Sozialabgaben sind Anteilfinanzierungen und ein großer Teil der Rente ist steuerfinanziert. Das System erhält sich nicht mehr aus sich selbst. Was tun?
Schöne Ideen – helfen aber kaum
Man muss es klar heraus sagen: Jahrzehnte lang wurde ernsthaftes Nachdenken über die Rentenproblematik versäumt. Sogenannte „Renten-Reformen“ waren nie mit der Lösung des Grundproblems beschäftigt, sondern meist nur mit der Diskussion über die Höhe der staatlichen Zuschüsse, um die „Rente“ vor der Krise zu bewahren. Bekanntes Motto: mit „Geld“ kauft man sich „Zeit“. Diese Zeit ist aber abgelaufen! Die Festsetzung des Rentenniveaus bei 48% gilt noch bis ins Jahr 2031. Und dann? Keiner weiß es!
Es ist aber nicht so, dass sich keiner Gedanken macht. Unsere neue Arbeitsministerin, Frau Bärbel Bar, holt mal wieder den Vorschlag hervor, alle, die ein Einkommen erzielen, müssten in die staatliche Rentenkasse einzahlen. Grundsätzlich keine schlechte Idee, würde kurzzeitig Geld in die Rentenkasse spülen, das aber bei Rentenbezug der neuen Beitragszahler zu kaum mehr zu bezahlenden Ansprüchen führen würde. Von der Problematik der in der Verfassung verankerten Definition des Berufsbeamtentums ganz zu schweigen. Auch wenn das Berufsbeamtentum wie ein Anachronismus aus vormaliger Zeit mit problematischen Bevorteilungen erscheint, sollte man in Zeiten der akuten Krise davon doch eher die Finger lassen.
Der Anreiz, länger zu arbeiten und dafür steuerliche Vorteile zu erhalten, ist eine wirklich gute Idee, kann aber im Umfang kaum als Lösung des Problems angesehen werden. Festhalten sollte man daran aber dennoch, denn es verbirgt sich noch eine zweite positive Idee dahinter: die individuelle und freie Regelung des Einstiegs in das Rentenalter. Was aber hilft, das System zu sanieren?
Die sinnvolle Lösung
Eine Sanierung des Rentensystems ohne Bildung einer Kapitaldecke existiert nicht! Wenn wir uns fragen, warum andere Länder in der westlichen Welt bei der Finanzierung ihrer Rentenzahlungen wesentlich erfolgreicher als wir handeln, ist die Antwort: Kapitaldeckung, also das Bilden von Kapital und das erwirtschaften von Anlagerendite am Kapitalmarkt. Über diese Möglichkeit verfügen aber auch wir.
Die Form der betrieblichen Altersvorsorge wäre der Hebel. Arbeitgeber und Arbeitnehmer legen zusammen Geld in eine Rentenversicherung. Dafür sparen beide Beteiligte die Sozialabgaben und die Besteuerung der Beiträge. So entsteht eine Kapitaldecke statt eines Umlagebeitrags, die in der Langfristigkeit des Anlagezeitraums Erträge produziert. Alle haben etwas davon. Dieses Modell müsste in seinem Abschreibungsrahmen erweitert werden, und zwar wesentlich. Das setzt beim Staat Verzicht auf Steuern und Sozialabgaben voraus, bei Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Bereitschaft auf eine zusätzliche finanzielle Leistung durch Beitragszahlung, anteilig kompensiert durch Steuer- und Abgabenfreiheit. Aber was zunächst als Opfer aussieht, ist tatsächlich langfristig die Sicherung einer auskömmlichen Rente. Ohne Opfer wird es nicht gehen! So ehrlich sollten wir sein. Und da es sich bei einer kapitalgedeckten Rente immer um das Ergebnis einer langfristigen Strategie handelt, werden viele Rentner bis zum erreichen des Anlageziels viele Einschnitte, also Rentenkürzungen der staatlichen Versorgung, hinnehmen müssen. Denn wie wir das Rentenniveau nach 2031 finanzieren, weiß heute noch niemand.
Wir haben das rechtzeitige Handeln verschlafen. Vor den Konsequenzen bewahrt uns niemand. Aber wir können etwas tun, wenn wir endlich akzeptieren, dass wir eigenverantwortlich handeln müssen. Übrigens: der Staat, dass sind wir, ausschließlich wir selbst!