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Nach der Reform ist vor der Reform

Nach der Reform ist vor der Reform. Nun haben wir es, das Rentenpaket. Vielleicht wäre es besser, wir hätten es nicht. Aber „Regierungspakete“, vom Kabinett beschlossen und vom Bundestag versandt, lassen sich in der Annahme nicht so ohne weiteres verweigern. Die 48%ige Haltelinie über 2031 hinaus ist mit zukünftigen Schulden finanziert, die Aktivrente hätte vielleicht über die Abschaffung der Rente mit 63 geregelt werden können und Söders Mütterrente, nun ja, ist teure Wahlwerbung. Was wir brauchen wäre eine tatsächliche Rentenreform, eine, die mal nicht auf Schuldenbasis die Zukunft regelt. Das letzte Mal gab es sowas wie eine Reform, die den Namen verdient, 2007. Da wurde das Rentenbeginn-Alter auf 67 heraufgesetzt.

Wieviel finden wir demnächst darin noch vor?

Vorab: Ende mit robusten Mythen

Nein! Egal was die Regierung beschließt, es gibt keine „Rentenkürzungen“! Rentenhöhen, die einmal gezahlt sind, lassen sich hinterher nicht mehr reduzieren. Die gegenwärtige Angst von Rentnern vor Kürzungen ist also falsch. Was passieren kann, ist, dass die jährlichen Rentensteigerungen, die sich bisher am Lohnzuwachs orientierten, geringer ausfallen, nämlich ausgerichtet an der Inflationsrate. Dennoch steigt die Rente jährlich. Das soeben verabschiedete Rentenpaket beschäftigt sich nur mit zukünftigen Rentnern und der Prozenthöhe am Beginn derer Rentenzahlung. Das soll dauerhaft, wie bisher, bei ca. 48% vom letzten Netto-Einkommen liegen. Bezogen auf die Inflationsrate wäre das aber geringer. Aber selbst das zu finanzieren ist ein ungeheurer Kraftakt.

Und auch mit einem weiteren „Mythos“ muss aufgeräumt werden. Die Rente ist keine „Sparbüchse“, in die man Gelder einzahlt, die bis zur Auszahlung Rendite ansammeln (das wäre ja sogar die Lösung der Finanzprobleme), sondern ein Umverteilungstopf: Arbeitnehmer zahlen „Sozialbeiträge“ in einem Umverteilungstopf, aus dem Rentner ihre Rentenzahlungen erhalten, nachdem der Staat jährlich noch einmal 120 Milliarden Steuergelder in diesen Topf eingezahlt haben. Ursprünglich war das auch nie geplant, bis die Einzahlungen der Arbeitnehmer nicht mehr ausreichte, um alle Rentenempfänger zu bezahlen.

Nun also Rentenpaket und Reformversprechen

Nun haben wir also ein Rentenpaket, dass dauerhaft das Renteneintritts-Niveau bei 48% festsetzt. Nur weiß keiner so genau, wie das finanziert werden soll. Die sogenannten Rentenreformen der letzten Jahre bestanden in der Regel immer aus Anhebungen der Rentenabgaben der Arbeitnehmer und immer höheren Steuerzuzahlungen durch den Sozialhaushalt des Bundes. „Reform“ lässt sich so etwas wohl kaum nennen. Und so soll dem diesjährigen „Rentenpaket“ nun endlich eine grundsätzliche Reform folgen.

Schmerzen für alle

Die gesamte Rentenfinanzierung muss neu gedacht werden. Und was auch immer beim Überdenken herauskommt, es wird uns allen Schmerzen bereiten. Da stellt sich auch die Frage, warum erst ein Rentenpaket beschlossen wurde, wenn anschließend dann doch alles wieder auf den Prüfstand kommt. In Wahrheit ist die zukünftige Rentenfinanzierung ungewisser denn je. Das Eintrittsalter in die Rente wird sich vermutlich ändern, die Gruppe der Beitragszahler wird sich ändern, also erweitern müssen. In anderen Ländern Europas müssen alle in die Rente einzahlen und zwar ohne Beitragsbemessungsgrenze. Das schafft Beitragsvolumen. Die Auszahlungshöhen sind aber dagegen begrenzt, sonst wäre die Beteiligung aller am System ja ein Nullsummenspiel. Insofern ist die Beitragszahlung aller eine Art solidarischer Rentenfinanzierung durch Wohlhabende. Die Notwendigkeit privater Zusatzrenten wird in Nachbarländern auch intensiver genutzt, da, ähnlich wie bei uns, das staatliche Rentenniveau nicht allzu hoch ist. Wir müssen also zum Umdenken bereit sein. Es darf keine Denkverbote geben, sonst wird das alles wieder Makulatur!

Ein Wort zu den Phantasten

Da gibt es eine Partei in Deutschland, die zu Millionen Menschen aus dem Land abschieben will, also auch Millionen Deutsche, die einen Migrationshintergrund haben, die brav Steuern zahlen, Mehrwert produzieren, sehr häufig in der Pflege und in sozialen Berufen arbeiten. Tolle Idee! Aber völliger Blödsinn! Gleichzeitig will diese Partei nach Möglichkeit aus der EU ausscheiden, die uns die wirtschaftliche Grundstabilität sichert und keinem Land so viele Vorteile bietet, wie uns. Tolle Idee! Und auf Basis einer solchermaßen ramponierten Ökonomie verspricht diese Partei dann den Rentnern ein Renteneintrittsniveau von 70%. Noch tollere Idee! Der Verlust der Steuereinnahmen durch die Schrumpfung der Gesamtwirtschaft durch den EU-Austritt würde bei mehreren Hundert Milliarden Euro liegen, zuzüglich von gut 100 Milliarden für die Finanzierung der 70%-Rente. Vergessen wir aber bitte die 120 Milliarden nicht, die der Sozialhaushalt (sofern er es dann überhaupt noch kann) heute schon zur Rente beisteuert. Ach ja, etwas wäre da ja noch….die vielen Arbeitslosen, die das alles nach sich ziehen würde und die damit ausfallenden Beitragszahlungen in die Sozialkassen. Fake News? Leider nein! Die hier erwähnten Zahlen basieren auf einer finanzwirtschaftlichen Berechnung des Redaktionsnetzwerks von table.media. Aber jeder, der ein wenig volkswirtschaftlich rechnen kann, käme auf ähnliche Ergebnisse.

Damit Sie uns bitte richtig verstehen: die Aussagen des letzten Absatzes sind weder politisch noch ideologisch gemeint. Das stünde uns auch nicht zu, denn wir sind kein Medien-, sondern ein Finanzhaus. Aber aus ökonomischer Sicht darf mit recht gehofft werden, dass Vertreter dieser Partei niemals in Deutschland in entscheidende Verantwortung kommen.